aus "Das Wesen des Musikalischen"
Wenn der Mensch im Musikalischen lebt, so
lebt er in einem Abbild seiner geistigen
Heimat In dem Schattenbild des Geistigen
findet die Seele die höchste Erhebung, die
intimste Beziehung zum Urelement des Menschen.
Daher ist es, daß die Musik so tief auch auf
die schlichteste Seele wirkt. Die schlichteste
Seele fühlt in der Musik den Nachklang dessen,
was sie im Devachan erlebt hat. Sie fühlt sich
da in ihrer Heimat. Jedesmal fühlt der Mensch
dann: Ja, du bist aus einer anderen Welt!
Aus dieser intuitiven Erkenntnis heraus hat
Schopenhauer der Musik jene zentrale Stellung
unter den Künsten angewiesen und gesagt, daß der
Mensch in der Musik den Herzschlag der Welt
wahrnimmt. Der Mensch fühlt in der Musik die
Nachklänge dessen, was im Innersten der Dinge
webt und lebt, was mit ihm so verwandt ist weil
die Gefühle das innerste Element der Seele sind,
verwandt mit der geistigen Welt, und weil die Seele
im Ton ihr Element hat,
in dem sie sich eigentlich bewegt, so lebt sie
da in einer Welt, wo die körperlichen Vermittler der
Gefühle nicht mehr vorhanden sind, wo aber die Gefühle
noch leben. Das Urbild der Musik ist im Geistigen,
während die Urbilder für die übrigen Künste in der
physischen Welt selbst liegen. Wenn der Mensch Musik
hört, fühlt er sich wohl, weil diese Töne übereinstimmen
mit dem, was er in der Welt seiner geistigen Heimat erlebt hat.

Rudolf Steiner


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