Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts war Siegfried Eberhardt* bestrebt,
den Wandel im Geigenspiel (wie er sich in jener Zeit vollzog) zu beobachten
und zu benennen. Er mahnte die Geiger-Kollegen Zusammenhänge von
Geigentechnik und Seelenleben, welche sich bei vielen Geigern des 19. und
beginnenden 20. Jahrhunderts unbewußt vollzogen, ins Bewußtsein zu heben,
um sich nicht der Gefahr einer Qualitätsminderung des Geigenspiels auszusetzen.
Dabei ging es Eberhardt um eine Ausdrucksunmittelbarkeit die nicht mit
virtuos-mechanischem, noch mit Klangschönheit oder musikalischem Empfinden
zu verwechseln ist, sondern um ein ursprüngliches Violinspiel welches sich über
Bach, Vivaldi, Haydn, Mozart, Paganini und seine Zeitgenossen wie Ole Bull,
H. Vieuxtemps.... und Nachfolger (u. a. Joachim, Hubay, Vecesy, um
nur wenige zu nennen) entwichelt hat.
In der Wende zum 20. Jahrhundert beobachtete
Eberhardt bei manchen Geigern den Verlust ihrer unbewußten Fähigkeiten sowie
das Aufkeimen einer neuen Linie des Geigens, welches zwar die
klanglichen und virtuosen Eigenschaften des traditionellen Geigens
fortsetzt, aber nicht seine ursprüngliche Ausdrucksunmittelbarkeit.
Dabei fallen Begriffe wie: "Beseelter Violinton",
"Lebensdurchflutung des Organismus", "Disposition"....**
Zur selben Zeit spricht Rudolf Steiner von einem geistigen Umschung,
einem Wechsel von der Zeit des Erzengels Gabriel
zu

Michael


Michael wirkt dort, wo Herzerkenntnis mutig zur Tat geführt wird.
Von Gabriel bekam der Mensch die Hilfe,
nicht ganz bewußte Seeleninhalte in die Tat umzusetzen.
Einen Teil, der von Gabriel ehemals geschenkten Herzerkenntnis,
muß der Mensch seit Michaels Wirkenszeit (1876) selbt erringen
und kraftvoll einsetzen, wenn er seine Ursprünglichkeit
leben will. Für das Geigen bedeutet dies, allmählich,
außer den musikalischen und bewegungstechnischen Dingen, Geist im Leibe
(darunter Tierkreis und Planetenwirkungen), mehr und mehr bewußt zu erfahren.
Dafür eignet sich die 2. Hälfte des Menschlebens mehr als die Jugendjahre.
Im Idealfall bewirken, (Orientierung im Sinne Eberhardts vorausgesetzt),
Sturm und Drang der Jungend, das, was im Alter klarere Einsicht, und die
daraus folgende Aktivität, bringt.


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*Violinpädagoge in Berlin
**Buchtitel Eberhardts: Aufstieg oder Untergang der Kunst des Violinspiels
Der Körper in Form und Hemmung