Vom ursprünglichen Geigen-Sein zum "Geige spielen" und weiter zum Zukunfts-Geigen!


Gegenüber dem Geigen im 19. Jahrhundert, welches vorwiegend ein Agieren
im Seinszustand der Geige war (allerdings in einer, dem heutigen Bewußtsein
unadäquaten Art) ist das Violinspiel im Verlauf des 20. Jahrhundert tendenziell mehr
zu einem Violinspiel geworden, welches sich der Geige gegenüber stellt, das Spiel mit
Sachverstand und aus musikalischer Vorstellung bzw: Kunstverstand
beeinflussend! Dieser Schritt der Gegenüberstellung kann der Keim für
eine Neuakzentuierung des Geigenseins, in einem neuen Bewußtseinslicht sein!*
Bewußtseinsschritte brauchen selbstverständlich weiterhin, wie immer schon, eine
Gegenüberstellung - hingegen aber unmittelbare Wirksamkeit, vor allem
das gegenwärtige, schöpferische Sein. Dadurch werden Seelenregungen kraftvoll spürbar.
Hiervon sind selbstverständlich alle Aspekte betroffen, wie z, B.:
Tonstrom und Rhythmus, sowie das gesamte Erkennen von Musik und Leben,
im Sinne der "bewußten Erarbeitung der Traumregion" , was wohl auch ein
Anliegen Jungs war. So war auch das Geigen des 19. Jahrhunderts, (dazu S. Eberhardt)
in einem schlafwandlerischen Traumzustand (zumindest bei seinen prominenten Vertretern)
auf einer unübertrefflichen Höhe der Qualität angelangt. Das Ausreifen oder Neugreifen bzw.
Weiterführen bestünde eigentlich darin, die Seelen- und Geistes-kräfte, die in der höchsten Blüte
dieser schlafwandlerischen Höhe weben, zum immer tieferen und genaueren Bewußtsein zu führen.
In gewissem Sinne liegt in der Blüte des Geigens eine Stigmatisation vor, nicht uniformistisch sondern
individualisiert! Wenn yang = männlich (Himmel), und yin = weiblich (Erde) sind, ist es
das Heranreifen der unzähligen Erdenerlebnisse und ihr, durch die bewußtseins-bildende Kraft
der Passion, Erwachen im zeitlosen Sein, dem Himmel, den die auferstandenen Früchte und Farben
der vielfältigen Erdenwege erfüllen. So wird eine gesunde Zukunftsentwicklung in der klassischen
Musik und Geigenkultur wieder mehr die Unterschiede in interpretatorischer Gestaltung schätzen,
ja sogar eine individuellere** Intonation fördern, anstatt der heute uniformistischen, die außerdem,
obwohl sie den Eindruck von "sauber" erweckt, sich vor einer tiefgründigen Betrachtung nicht,
in jeder Hinsicht, als richtig erweist!
Das betrifft nicht nur den Kammerton ! Siehe auch Unterricht, Kammermusikkurse,Qualität, Klassik..!
Die Weiterentwicklung des Geigens (Musizierens) liegt in der bewußten Durchdringung der individuellen
Ausdruckskraft! Ohne diese ist das Wichtigste der Musikausübung, der "Ausdruck"nicht auf der selben
Höhe, wie die Heute weit verbreitete technische Meisterschaft! Ich gehe davon aus, daß die nachfolgenden
Generationen eine Weiterentwicklung des Musiklebens in diesem Sinne fordern werden!

* So verstehe ich den Apell von Max Rostal, der in den 80er Jahren auf einer ESTA Konferenz sagte, daß
wir einseitig die technische Erziehung zum Geigen vorangetrieben haben, nun müsse ein Aufschwung im
musikalischen Ausdruck folgen!
**Der legendäre Fritz Kreisler intonierte übrigens auch sehr individuell!

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